Es sind seltsame Zeiten. Viel Schlimmes passiert auf der Welt. Auch schon vor Corona. Aber das hätte natürlich trotzdem keiner gebraucht. Dazu eine ungewisse politische Zukunft, viel Verdrossenheit, viel Angst bei Autofans vor dem allzu grünen Verbots-Gedankengut. Da kauft man sich doch keinen Oldtimer. Oder?
Der beobachtete Markt der letzten 1,5 Jahre Corona-Zeit sagt etwas anderes. Die guten Autos werden nach wie vor gekauft. Und da auf Grund von Homeoffice und Videocalls weniger Kilometer gefahren werden müssen, kann man die paar Besorgungsfahrten doch erst Recht mit einem Auto unternehmen, welches Spaß macht. Ein Funcar eben. Die Preise haben sich nach einem kurzen Schock stabilisiert, viele Autos haben auch weiterhin ihre Marktsprünge gemacht.
Außerdem, was hatte man denn sonst so in letzter Zeit, um sich selbst eine Freude zu machen? Im ersten Pandemiesommer wurden sämtliche Keller dieser Republik aufgeräumt, Garagen entrümpelt (und damit wieder Platz für Spaßautos geschaffen) und vollgewucherte hässliche Hinterhöfe in Garten der Sinne mit Poolanlagen und Hastenichtgesehen verwandelt. Keine großen Urlaube gleich mehr Restkohle auf dem Konto. Also her mit dem lange ersehnten Spaßauto, jetzt erst Recht.
Stichwort Konto. Was bekommt ihr so für Zinsen? Schallendes Gelächter. Eben. Auf der Bank liegend und auf die neue Inflation wartend bringt euch das Geld aktuell herzlich wenig. Wer sich mit Aktien auskennt hat derzeit gute Karten. Doch gleiches gilt für fahrbare Aktien. Na klar, den todsicheren Kauf gibt es nicht. Auch nicht bei uns. Aber die Preisentwicklung bei guten Oldtimern war in den letzten Jahren sensationell. Und auch für den kleinen Geldbeutel machbar, denn jetzige Youngtimer kommen erst noch in den Genuss von Steuerermäßigungen und „freie Fahrt in Umweltzonen Plaketten“.
Ein paar Beispiele? Bitte:
Ein BMW E30 als 320 2-Türer im super Zustand kostete vor etwa 5 Jahren noch keine 7.000 Euro. Heute meistens das Doppelte, locker. 7.000 Euro Rendite für 5 Jahre Spaß, klingt für mich nach einem guten Deal. Auf der Bank in der Zeit hätte es kein Essen beim Italiener für die Familie gebracht.
Ein VW Scirocco GT2 im wirklich guten Zustand. Bis vor 3 Jahren ein verkanntes Gebrauchtmobil. Ab und an noch für 3.000 Euro zu bekommen. Heute sucht man oft vergeblich im 4stelligen Bereich.
Toyota Corolla AE 86. Ich habe noch vor fünf Jahren einen guten für 5.000 nicht gekauft. Heute gibts unter 15.000 nur noch Schrott. Verdreifachen des Preises für ein Auto, was in den späten 90er Jahren im Findling für 100 Mark mit Resttüv verkauft wurde.
Ihr seht, ich rede nicht von den großen Nummern. Da ist es natürlich noch viel krasser. Nehmen wir Lamborghini. Ein Diablo, ein Countach, oder mein Traumauto ein Miura. Diese Ikonen haben ihre ohnehin schon hohen Marktwerte locker verdrei- bis fünffacht. Und das auf einem Niveau (beim Miura) von mittlerweile 1,5 Mio. Euro.
Ihr habt Angst dass das viel zu früh und übermütig angekündigte Ende der Produktion von Verbrennern eurem Fahrspaß mit dem Altmobil den Garaus macht? Da, und ausnahmsweise sind sich hier mal alle Experten einig, würde ich mir nicht zu viele Gedanken machen. Selbst wenn ab 2030 keine Verbrenner mehr neu zugelassen werden sollten, fahren immer noch alleine in Deutschland 45 Millionen davon herum. Eine zeitnahe Zwangsverschrottung oder ein Fahrverbot würde einer Entmündigung und Enteignung gleich kommen, etwas dass sich vermutlich kaum ein Bürger bieten lassen wird, und die Politik tunlichst so lange vermeiden wird wie irgendwie möglich.
Und selbst wenn es dann langsam, nach und nach im Laufe der Jahre an den Bestand geht, sind die Oldtimer, geschütztes und rechtlich einwandfrei als automobiles Kulturgut betiteltes Randprodukt, die letzten an die man geht. Denn nicht nur ist die Anzahl der Oldtimer in Deutschland mit derzeit noch gut unter 1 Mio Fahrzeugen – also weniger als 2% der Gesamt-Flotte – überschaubar, sondern auch die gefahrenen Kilometer mit im Schnitt deutlich unter 5.000 pro Jahr keinesfalls relevant für die Milchmädchenrechnungen der Politik. Will sagen: 1 Million Wählerstimmen definitiv verlieren steht in keinem Verhältnis zu dem Zugewinn für die Umwelt.
Für mich wäre selbst im unrealistischsten „Worst Case Szenario“ – sagen wir mal in 10 Jahren gäbe es ein Stopp für Oldtimer, klar, dass ich bis zum letzten Tag meine Ausfahrten und Treffen genieße. Ob ich meine(n) automobilen Schatz/Schätze dann nur noch zum anschauen in die Halle stelle, ihn schweren Herzens ins tolerantere Ausland verkaufe, oder ihn auf modernere Antriebsarten umrüste bleibt dann immernoch mir überlassen, aber bis dahin habe ich jedenfalls Spaß mit meinem Funcar.